Erster Besuch in Bolgatanga

 Zu Besuch im „Centre for Child Development“ in Bolgatanga

Ein Reisebericht von Karl-Heinz Göris

Nach langer Vorbereitung und beeindruckenden Komplikationen beim Bemühen um eine Einreiseerlaubnis starteten wir, mein Stellvertreter Dr. Klaus Hintzen und ich, am 22.11.2015 zu unserer 1. Besuchsreise nach Bolgatanga in Ghana.  (*) Wir sind buchstäblich gut geimpft und gespannt, was uns erwartet.

Die Anreise verläuft mit überflüssigen Überraschungen: Nach rund 16 Stunden und mit vier Stunden Verspätung um 00:30 Uhr die Ankunft auf dem Flughafen der Hauptstadt Accra. Und dann: Mein Koffer ist ab Istanbul nicht mitgeflogen; der Koffer mit den Geschenken und Mitbringseln für die Kinder und meine eigens zusammengestellte Expeditionskleidung ist nicht auf dem Gepäckband. Nach der ersten Verärgerung und Ratlosigkeit bin ich froh, wenigstens eine Notausstattung im Handgepäck dabei zu haben!

Wie wohltuend dann, von jemandem freundlich in Empfang genommen zu werden: Schwester Regina Ignatia heißt uns mit einem strahlenden Lächeln willkommen, obwohl Sie, in dauernder Ungewissheit über die tatsächliche Ankunftszeit, über 4 Stunden am Flughafen gewartet hat. Es dauert bis nach 02:00 Uhr, bis die Formalitäten am Gepäckreklamationsschalter erledigt sind.

Nach einer kurzen aber doch erholsamen Nachtruhe geht’s am nächsten Tag zunächst weiter mit dem Flieger Richtung Norden, nach Tamale, wo wir pünktlich von Fred Amenga, dem Leiter des Kinderzentrums abgeholt werden. Mit dem Pickup-Geländewagen erreichen wir dann am frühen Nachmittag Bolgatanga. Es ist mit 38 °C warm genug, dennoch bei geringer Luftfeuchtigkeit gut verträglich.

Mit großer Spannung sehen wir dem 1. Besuch des „Centre for Child Development (CCD)“ entgegen. Im Eingangsbereich des Zentrums werden wir schon erwartet und dann beginnt ein turbulentes und  Trommel- und Tanz-Happening.

Trommeln und Tanzen – schnell und wild …

Trommeln und Tanzen – schnell und wild …

….begeistern die älteren Herren aus Deutschland

….begeistern die älteren Herren aus Deutschland

Bei der unwiderstehlichen Freundlichkeit und Herzlichkeit der Kinder ist der Kontakt schnell hergestellt. Als wir zu verstehen geben, dass wir Fußballfachleute sind, werde ich mit Fragen nach dem Fußball in Deutschland und den deutschen Spitzenstars überhäuft. Ich verspreche, beim nächsten Besuch Trikots von „der richtigen“ Mannschaft, von Borussia Mönchengladbach, mitzubringen, damit die Kids auf dem Bolzplatz neben dem Haus gut aussehen. Erstaunlicherweise ist bekannt, dass die Borussia in der Champions-League unterwegs ist. Aber auch sonst muss ich viele Fragen über Deutschland und unsere Heimat beantworten.

Fachgespräche über Deutschland und den Fußball …

Fachgespräche über Deutschland und den Fußball …

obwohl Borussia noch nicht zu den Favoriten zählt

obwohl Borussia noch nicht zu den Favoriten zählt

Nach Einbruch der Dunkelheit, das ist ganzjährig gegen 18:00 Uhr, verabschieden wir uns und sind froh in der nächsten Nacht sehr lange schlafen zu können.

Am nächsten Tag sind wir eingeladen bei Bischof Alfred Agyenta und dem Leitungsteam, das für die Sozialwerke der Diözese Navrongo-Bolgatanga verantwortlich ist. Es ist sofort eine gute und freundschaftliche Gesprächsatmosphäre da, in der die Fragen und Probleme direkt und unverfälscht besprochen werden können. Wir spüren das große Engagement und die Sorge der Verantwortlichen, aber auch die Dankbarkeit über unser Angebot, ihre Arbeit hier in Bolgatanga auf absehbare Zeit verlässlich zu unterstützen und zu begleiten.

Angeregte Gespräche mit Bischof Alfred Agyenta

Fachgespräche über Deutschland und den Fußball …

Joe Ayembilla, der Direktor des Sozialwerks informiert über Fakten und Rahmenbedingungen

Joe Ayembilla, der Direktor des Sozialwerks informiert über Fakten und Rahmenbedingungen

Die präsentierten Daten und Zahlen zur Ausgangslage in diesem Teil Ghanas verstärken unsere Einschätzung, dass unsere Hilfe hier in einem gut durchdachten und wichtigen Hilfswerk ankommt. Für die verlassenen und verwahrlosten Kinder und Jugendlichen der Straße eröffnet das Kinderzentrum eine große Chance, wieder ein Leben in sozialer Sicherheit zu beginnen, mit Hilfe  der Fürsorge engagierter Helfer und aus der Erfahrung liebevoller Gemeinschaft in diesem Haus.

Von dieser liebevollen und immer auch fröhlichen Gemeinschaft ist auch an den beiden nächsten Tagen viel zu spüren, wenn wir am Nachmittag die Kinder besuchen, nachdem sie aus der Schule zurückgekehrt sind.

Faxen und feixen – wie Kinder überall

Faxen und feixen – wie Kinder überall

Gruppenbild mit Trommel-Action

Gruppenbild mit Trommel-Action

Mit Fred Amenga, dem Leiter des CCD entwickelt sich in kurzer Zeit eine vertrauensvolle und offene Gesprächsbasis. Wir schildern ihm die für ihn sicher seltsamen Gepflogenheiten des Korschenbroicher Brauchtums so gut wir können. Mir scheint Skepsis angebracht, ob das für ihn so alles nachvollziehbar ist, was wir ihm über Entstehungsgeschichte, Motive und Aktivitäten der Kinder-Direkthilfe und der Korschenbroicher Bruderschaften so erzählen können.

Aus der anderen Perspektive ermöglicht uns Fred Amenga in der verbleibenden Zeit so weit wie möglich einen Einblick in die Lebensumwelt und  Alltagsbedingungen der Familien  auf dem Lande. Immer wieder geht es durch kleine Dörfer, in denen uns eins besonders auffällt: viele, viele Kinder, die in farbenfrohen Schuluniformen die Schulen besuchen und uns immer wieder freundlich zuwinken. Etwas anders das Leben und Treiben in der Kleinstadt Bolgatanga, wo die Menschen auf einfachen und turbulenten Märkten ihre Produkte zum Kauf anbieten: Früchte, lebendes Geflügel und Kleintiere, Lederwaren, handgeschneiderte Textilien und sonstige Waren des täglichen Gebrauchs.

Geflügelmarkt in Bolgatanga

Geflügelmarkt in Bolgatanga

Auf der Hauptgeschäftsstraße in Bolgatanga

Auf der Hauptgeschäftsstraße in Bolgatanga

Das alles sind für Klaus und mich vielfältige und z.T. auch verwirrende Eindrücke, die sortiert werden wollen. Ganz einig und sicher sind wir uns aber, dass die Lebensumstände und die Muster der Menschen, mit ihnen klarzukommen, wenig Gemeinsames mit unseren europäischen Vorstellungen und Lösungsansätzen haben. Man muss die Menschen hier als die Experten für ihre Lebensform akzeptieren und respektieren. Soviel wird klar: Wir werden das mit unseren Hilfsangeboten  immer beachten und im Blick halten müssen.

Auch die Verabschiedung von den Kinder ist wieder geprägt von Trommeln und Tanzen: Wir erleben die Lebensfreude und Freundlichkeit und bei allen ist viel Dankbarkeit und Hoffnung zu spüren, dass der gute Beginn der neuen Partnerschaft zu einer tragfähigen und erfolgreichen Zusammenarbeit für die nächsten Jahre führen wird.

Ein Gruppenfoto zum Abschied muss sein

Ein Gruppenfoto zum Abschied muss sein

Abschied von Fred Amenga am Flughafen von Tamale

Abschied von Fred Amenga am Flughafen von Tamale

Am nächsten Morgen bringt Fred Amenga uns mit dem Pickup zurück zum Flughafen nach Tamale, wo wir die Rückreise nach Deutschland antreten. Schwester Regina hat meinen Koffer inzwischen in Accra gesichert, sie wird unsere Mitbringsel per Paket nach Bolgatanga schicken.

Schwester Regina (rechts)- unsere Retterin in Accra und Schwester Angelina

Schwester Regina (rechts)- unsere Retterin in Accra und Schwester Angelina

Am  Flughafen in Accra verabschieden wir uns dankbar und herzlich von Schwester Regina und ihrer Assistentin Schwester Angelina und begeben uns auf unseren Rückflug über Istanbul nach Düsseldorf.

Nach rund 27 Stunden nimmt uns Jürgen Hüsges, unser Freund und mein erfahrener Vorgänger als Vorsitzender,  am Flughafen in Düsseldorf in Empfang. Etwas erschöpft aber voller Eindrücke und mit vielen guten Gründen zur engagierten Unterstützung der Kinder in Bolgatanga, erreichen wir unser Zuhause.

Zu drei zentralen Fragen unseres Besuchs in Bolgatanga haben wir Klarheit erhalten:

  • Wir haben nun ein Bild von der Wirklichkeit vor Augen, in der die Unterstützung der Kinder-Direkthilfe ankommt.
  • Wir sind nun fest davon überzeugt, dass wir in ein Hilfsprojekt ausgewählt haben, in dem unsere Hilfe für die Kinder und Jugendlichen eine erfolgversprechende Wirkung hat.
  • Wir sind sicher, dass wir allen Spendern und Wohltätern mit Überzeugung empfehlen können, die Kinder-Direkthilfe Korschenbroich e.V. bei ihrem Projekt „Kinder-Hoffnung-Bolgatanga“ weiterhin zu unterstützen.

(*) Die Reisekosten zu Projektbesuchen werden nach der Vereinssatzung immer privat bezahlt. Wir garantieren so, dass die Spenden ungekürzt den Hilfsprojekten zugutekommen.