Zwei Einzelgeschichten
Marvin und Stella (*)– wie zwei Kinder ins Leben zurückfinden
Marvin
wurde in Paga, rd 70 km nördlich von Bolgatanga geboren. Sein Vater war schon vor seiner Geburt gestorben, seine Mutter starb kurz danach. Und dann wird sein Leben mit dem Tod der Eltern in Verbindung gebracht: Er wird nach traditionellem Glauben zum „Spirit Child“, das den Göttern zu opfern ist und vom Medizinmann getötet werden soll. Gerettet wurde Marvin, weil Menschen aus der Gemeinde von dem Plan erfahren und den Jungen ins „Baby’s Home“ bringen, wo er bei Ordensschwestern die ersten drei Jahre seines Lebens behütet aufwächst. Der Plan, ihn in eine familiäre Umgebung zu bringen scheitert, weil sein Stigma als Spirit Child eine Aufnahme in eine Familie so gut wie unmöglich macht. So kommt er im Jahr 2004 in das CCD wo er bis 2007 bleibt. Mit viel Überzeugungsarbeit gelingt es doch schließlich, dass er zu seiner Großmutter und seiner Schwester zurück kann, nachdem die Mitarbeiter des CCD viel Überzeugungsarbeit und Aufklärung im Dorf geleistet haben. Überzeugend war sicher auch, dass ihm vier Schafe mitgegeben wurden, mit denen er nachhaltigen Wert für die dörfliche Gemeinschaft bekam.
Für ihn beginnt eine erfolgreiche Entwicklung mit überduchschnittlichen schulischen Ergebnissen. Marvin ist ein talentierter Fußballer und hat den Bezirk mehrfach erfolgreich bei Bezirksmeisterschaften vertreten. Mittlerweile ist er im letzten Jahr der Senior High School, auf der eine berufliche Ausbildung ermöglicht wird. Er hat sich insbesondere auf die Schwerpunkten Handel/Geschäftswesen konzentriert. Sein besonderes Interesse gilt allerdings dem Thema Gebärdensprache und er will sich unmittelbar nach der Schule zum Lehrer und Trainer für Gebärdensprache ausbilden lassen.
Seine „Mitgift“ fürs Dorf, die Schafe, haben sich inzwischen wiederholt vermehrt. Derzeit sind es 10 Schafe, die zu seinem Lebensunterhalt beitragen. Ergänzend erhält er vierteljährlich noch eine finanzielle Unterstützung über das Centre for Child Development in Bolgatanga, zu dem er weiterhin in gutem Kontakt steht.
Stella
kommt aus einem Ortsteil von Bolgatanga. Ihre Eltern sind geschieden, leben weit entfernt in Kumasi. Geblieben sind ihr der Großvater und ein Onkel, die sich aber nicht um sie kümmern, sondern sie missbrauchen und unter furchtbaren Bedingungen wegsperren. Sie hat bis zu ihrem dritten Lebensjahr überhaupt keinen Kontakt zur Außenwelt. Denn auch Sie ist mit dem Stigma eines Spirit Childs belegt, für das keine Fürsorge und menschenwürdige Behandlung als notwendig erachtet wird.
Erst als eine Mitarbeiterin der städtischen Gesundheitspflege den Fall amtlich anklagt endet der Alptraum für das inzwischen völlig verstörte Kind. Per Gerichtsbeschluss wird Stella im Juni 2011 dem Kinderheimprogramm des CCD zugewiesen. Hier kann sie nun für viele Jahre bleiben, denn die Reintegration des schwer misshandelten Mädchens wird für absehbare Zeit wegen ihrer schweren Sprachbehinderung sehr schwierig sein. Sie besucht nun die Grundschule, erhält so viel Förderung wie möglich und es besteht Hoffnung, dass sie mit der Zeit wieder zum Sprechen kommen kann.
Die Fürsorge und Liebe im Centre for Child Development hat ihr aber jetzt schon das Lächeln zurückgegeben, mit dem sie ihr Gegenüber unwiderstehlich anstrahlt. Davon konnten wir uns bei unserem Besuch im November 2015 überzeugen.
*Namen geändert